Schreiben holt Verborgenes aus uns heraus. Wir können unsere Gefühle ergründen, die Gedanken ordnen und Lebensrätsel auflösen. Das ist mir mit diesem Gesundheitstagesbuch von Silke Heimes passiert – es hat mich von chronischen Schmerzen befreit. Weil ich über das Schreiben endlich herausfand, was dahintersteckte ...
Ich hatte jahrelang chronische Schmerzen, die mein Leben mühsam machten. Um den Schmerzen auf den Grund zu gehen, habe ich viel versucht. Doch nichts half. Organisch war ich gesund, das machte es schwieriger – auch wenn das seltsam klingt. Es blieb nur eine mentale Ursache, da gab es schier unendliche Möglichkeiten. Obwohl ich als Autorin und Texterin die ganze Zeit schreibe, kam ich nie auf die Idee, über meine Schmerzen zu schreiben. Vermutlich war ich zu sehr damit beschäftigt, sie auszuhalten oder zu verdrängen. Dann stieß ich auf das Gesundheitstagebuch von Silke Heimes, die als psychiatrische Ärztin und Schreibtherapeutin arbeitet. Aus ihren Erfahrungen entwickelte sie ein 12-Wochen-Programm, um sich gesund zu schreiben. Ich nahm mir vor, es zu versuchen und begann damit im vergangenen Sommer.
Über das Schreiben verstehe ich
die Sprache meines Körpers.
Beim Gesundheitstagebuch schreibt man 12 Wochen lang täglich 15 Minuten. Ausgangspunkt ist immer eine Frage, die etwas auslösen soll. Die Fragen von Silke Heimes sind interessant, aufwühlend, warmherzig, verständnisvoll, unbequem oder lästig – wie: Stell dir vor, du lädst deine Beschwerden zu dir nach Hause ein. Was möchtest du mit deinem Gast unternehmen? Unsinn, dachte ich wütend und hätte das Gesundheitstagebuch beinahe abgebrochen. Doch die scheinbar sinnlose Frage führte mich zu einem wesentlichen Grund für meine Schmerzen. Ich war erstaunt, was mein Textfluss nach oben spülte. Bei der Hälfte, nach ein paar Wochen, beendete ich das Gesundheitstagebuch – ich hatte viel über mich erfahren, musste das verarbeiten und meine Erkenntnisse in die Wirklichkeit umsetzen. Das ist fordernd, funktioniert aber. Seit einem halben Jahr bin ich so gut wie schmerzfrei.
Mein Tipp: Schreib so lange,
bis du ausgeschrieben bist.
Das Gesundheitstagebuch von Silke Heimes ist extrem wirksam – wenn du bereit bist, tief zu gehen. Mir war es deshalb zu viel, jeden Tag zu schreiben. Ich brauchte Zeit und Ruhe, um die Erkenntnisse zu verarbeiten. Deshalb pausierte ich zwischendurch für ein paar Tage. Die 15 Minuten, die pro Tag an Schreibzeit empfohlen werden, wiederum waren für mich zu kurz. Ich schrieb immer länger. Das empfehle ich auch dir: Schreibe so lange, bis du ausgeschrieben bist. Es ist schwierig, zu den eigenen wunden Punkten hinzuschauen und bei kurzen Schreibsequenzen kannst du dir selbst aus dem Weg gehen. Wenn du aber länger schreibst, führt dich dein Textfluss dorthin, wo der wahre Grund liegt – das braucht es, um dir selbst helfen zu können. Insgesamt ist das Gesundheitstagebuch eine wundersame Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen und die Schreibkraft zu stärken. Übrigens: Im kommenden Sommer absolviere ich zweite Hälfte des Gesundheitstagebuchs, um mich komplett gesund zu schreiben.
Im dtv Verlag um € 18,50