Lebensstil
Ding meines Lebens

Schöner kann eine Schale kaum sein – zumindest in meinen Augen. Deshalb hat es auch sehr schnell Klick gemacht, damals in Shanghai in einem winzigen Teehaus. Und auch zu Hause, auf dem Sideboard neben meinem Schreibtisch, macht es regelmäßig Klick.

Eine grüne Teeschale – so klein, dass sie in meine Handfläche passt. Die kreisförmig angeordneten Noppen auf ihrem Boden geben ihr dabei Halt. Diese Noppen umgibt eine erdige Fläche, der Rand der Teeschale wiederum ist hell. Als ich sie das erste Mal sah, begeisterte mich die ungewöhnliche Farbkombination. Nie hätte ich gedacht, dass dieses frische Mintgrün und satte Erdbraun zusammen so harmonisch aussehen.

Am meisten gefällt mir an der kleinen grünen Teeschale aber die Glasur. Ihre Struktur erinnert mich an die Schuppen einer Drachenhaut – wie verwegen und zauberhaft! Wenn man senkrecht in die Schale schaut, wirken die Zacken steiler: wie Bergspitzen in einem nebelvergangenen Tal in China. Vielleicht wurde sie dort hergestellt? Die Keramik ist außerdem uneben. Wenn man mit dem Finger über die Glasur fährt, sind kleine Erhebungen zu spüren. Die Schale wirkt irgendwie lebendig. Es könnte sogar sein, dass sie einen Laut von sich gibt.

Gekauft habe ich die kleine, grüne Schale in einem winzigen Teehaus in Shanghai – mit zwei weiteren Schalen, die sie mit ihrer Farbe und Struktur ergänzen. Zu Hause stellte ich die drei Teeschalen auf das Sideboard neben meinem Schreibtisch. Von Zeit zu Zeit macht es dort Klick. Es ist ein heller und fröhlicher Ton, der mich rührt. Vielleicht klickt die Glasur der beiden anderen Schalen. Vielleicht aber ist es der Laut der kleinen grünen Teeschale. Ich habe es nie herausgefunden und will es gar nicht so genau wissen. Viel schöner ist die Vorstellung, dass es auch bei ihr Klick macht, wenn sie mich sieht.