Lesestoff

Maggie O‘Farrell
Porträt einer Ehe

Ein großartiges Buch mit starker Sogwirkung: Lucrezia di Cosimo de’ Medici hat den Mann, mit dem sie überraschend verheiratet wird, nur ein Mal gesehen. Da ist sie zwölf Jahre alt und dabei, ihr künstlerisches Talent als Malerin zu entdecken. Doch der Herrschaftsgedanke der Medici hat eine andere Bestimmung für sie festgelegt – und dabei eines übersehen: das widerspenstige Wesen von Lucrezia.

Florenz, 1544 im Palazzo der Medici und die unglücklichen Umstände einer Zeugung: Großherzog Cosimo I. ist seiner Frau Eleonora auch nach vielen Ehejahren noch sehr zugetan und versucht, ihr an allen möglichen und unmöglichen Orten körperlich nahe zu kommen. So auch an einem Sommertag im Sala della Carte, wo Eleonora mit einer Landkarte beschäftigt ist, während sich ihr Mann nähert. Sie haben bereits vier Kinder, doch einer Herrscherfamilie muss groß sein und Eleonora ist bereit, so oft schwanger zu werden, wie ihr Gemahl es wünscht. Doch ihr Geist ist an diesem Ort mit den vielen Landkarten von noch unerforschten Gebieten unruhig. Sie schweift bei ihrer körperlichen Begegnung ab – obwohl man damals meinte, dass sich die Gedanken der Frau beim Zeugungsakt auf das Wesen des Kindes auswirken. Wie hätte Eleonora auch ahnen sollen, dass ihre unruhigen Gedanken ihre neun Monate später geborene Tochter Lucrezia prägen.


Was hat das alles zu bedeuten?
Was kann sie tun?


Florenz, 1557 und ein gerade einmal zwölfjähriges Mädchen: Lucrezia erweist sich den Umständen ihrer Zeugung als würdig – sie ist ungezähmt, widerspenstig, ein Freigeist, wild, mutig, künstlerisch begabt. Ihre Eltern sehen darüber hinweg, als fünftes Kind ist keine große Rolle für sie vorgesehen – außer die einer vorteilhaften Heirat. Und die ergibt sich für Lucrezia unerwartet. Denn als ihre ältere Schwester Maria kurz vor der Hochzeit mit Alfonso II. d’Este – dem Herzog von Modena und Ferrara – stirbt, tritt Lucrezia an ihre Stelle. Sogar das für Maria geschneiderte Hochzeitskleid wird sie tragen, einige Monate nach der Verlobung, als sie körperlich eine Frau ist und als reif für eine Ehe gilt. Zuerst erfüllen sich viele Wünsche für Lucrezia: Ihr Ehemann ist charismatisch, von ihren bodenlangen roten Haaren und ihrer Schönheit fasziniert, scheint sie zu lieben und lässt ihr viele Freiheiten: wie tagelang an der Staffelei stehen, um zu malen. Doch das freie Leben ist an eine Bedingung geknüpft: Alfonso erwartet einen Sohn. Als dieser auf sich warten lässt, lernt Lucrezia seine dunkle Seite kennen...

Maggie O’Farrell erzählt auch diesmal – wie bei ihrem Bestseller „Judith und Hamnet“ – historische Begebnisse neu, indem sie den anderen Blickwinkel, den Fokus der Frau, zeigt. Und so erschreibt sie das Porträt dieser historisch belegten Ehe in vielen Schattierungen: Poesie, Zärtlichkeit, Leichtsinn und Lebensfreude finden sich genauso darin wie Grausamkeit und ein höchst überraschendes Ende. Übrigens: Es lohnt sich, das Nachwort zu lesen und das Porträt von Lucrezia di Cosimo de’ Medici im Internet anzuschauen.

Im Piper Verlag um € 24,70

Porträt einer Ehe
Das Porträt einer Ehe in vielen Schattierungen: Poesie, Zärtlichkeit und Lebensfreude finden sich genauso darin wie Grausamkeit und ein überraschendes Ende.