Lesestoff

Arno Geiger
Das glückliche Geheimnis

Ein Buch, das ich nicht empfehlen müsste, weil es medial vielfach besprochen wurde – und doch tue ich es. Weil Arno Geiger niemand geringerer als mein Lebensautor ist. Er benennt, was ich fühle, seine Themen sind meine Themen, in seinen Büchern bin ich zu Hause. Und immer kommen sie gerade rechtzeitig – dann, wenn ich mich innerlich abarbeite und eine derartige Verbundenheit brauche. So war es auch mit dem glücklichen Geheimnis, das für mich wichtigste Buch von Arno Geiger.

Der Inhalt des Buches ist vermutlich bekannt: Über 20 Jahre lang hegte Arno Geiger ein – wie er es nennt – glückliches Geheimnis. Frühmorgens setzte er sich aufs Fahrrad, fuhr durch Wien und suchte Altpapiercontainer auf. Die Bücher, die er fand, verkaufte er auf Flohmärkten und finanzierte damit sein Leben. An den Erfolg schrieb er sich in dieser Zeit langsam heran und bald sah er ein, dass er in etwas hineingerissen wird, das viel mehr verlangt als alles Gewohnte – im Lebensstil und Schreiben.


Die im ersten Moment furchteinflößenden Projekte,
bei denen klar ist, dass ich keine Kontrolle habe,
sind diejenigen, die sich am meisten lohnen.


Selbst als sich die Bücher von Arno Geiger bereits tausendfach verkauften, hielt er jahrelang an seinem glücklichen Geheimnis fest und tauchte frühmorgen in Altpapiercontainer ab. Nur die Intention hatte sich geändert, jetzt ging es nicht mehr um die Finanzierung seines Lebens, jetzt suchte er das Alltägliche und Beiläufige. Denn es zeigt die Menschen so, wie sie sind und nicht, wie sie gerne wären. Wahrhaftigkeit, darum geht es Arno Geiger, der in diesem Buch davon schreibt, dass jede Stilisierung eine Lüge ist und er sich deshalb bewusst für eine einfache Sprache entschied. Diese Haltung verbindet mich essentiell mit ihm.


Ich nahm mir vor,
ein Künstler des Ungekünstelten zu sein.


Auf seinen Touren durch die Altpapiercontainer fand er Tagebücher, Briefe und Notizen, die er manchmal literarisch verwertete, ihn aber vor allem im Menschsein prägten. Und das ist auch der Grund, warum Arno Geiger mein Lebensautor ist: Sein Menschsein ist stärker als sein Literatursein. Seine Bücher entstammen keinem Kalkül und wollen keine aktuellen Themen bedienen, sie ergeben sich aus dem Leben. Das ist im sehr durchschaubaren Literaturbetrieb höchst selten geworden.


Ich mag meine Bücher, ganz bestimmt.
Aber sie sind nicht das Wesentliche.
Ich lebe, um zu leben.


Das Buch, eigentlich die Autobiographie von Arno Geiger, verrät neben seinem glücklichen Geheimnis noch andere sehr persönliche Details: zur Liebesbeziehung mit seiner Frau und anderen Frauenfiguren, die es immer wieder gab. Zum Verhältnis zu seiner Mutter. Und zu seinen Gedanken über den Literaturbetrieb, die Öffentlichkeit und seinen Verlag.

Obwohl das Literaturjahr noch jung ist, weiß ich schon jetzt: Das glückliche Geheimnis wird mir von allen Büchern, die ich lesen werde, am meisten gegeben haben. Es ist prägend – danke, Arno Geiger!

Im Hanser Verlag um € 25,70

Das glückliche Geheimnis
Obwohl das Literaturjahr noch jung ist, weiß ich schon jetzt: Das glückliche Geheimnis wird mir von allen Büchern, die ich lesen werde, am meisten gegeben haben. Es ist prägend – danke, Arno Geiger!