Lesestoff

Stine Pilgaard
Meter pro Sekunde

Ein Buch mit diesem Titel hätte ich als Zahlenverweigerin wohl nie gekauft. Wenn nicht dieses schöne Cover gewesen wäre. Nimmt man die Banderole ab, öffnet sich eine weite Landschaft mit viel Himmel: Westjütland. Dort spielt diese Mama-Papa-Kind-Story, die sehr launisch und sehr witzig ist.

Ich bin überhaupt nicht der Fan von „Mama-Papa-Kind“-Geschichten. Doch diese Story hat mich umgehaut. Dabei bin ich nicht die einzige: „Meter pro Sekunde“ war in Dänemark der erfolgreichste Roman der letzten Jahre und stand quasi ewig auf der Bestseller-Liste. Doch zurück zu Mama, Papa und ihrem Kind – alle drei amüsante Charaktere:


Muh, sagt mein Sohn,
als hätte er soeben einen Entschluss gefasst.


Zuerst zum jungen Mann: Die Familie zieht nach Westjütland, weil er dort einen Job als Lehrer bei einer Heimvolkshochschule annimmt. Er sieht gut aus, ist unkonventionell und zu allem Überfluss noch ziemlich nett. Klar, dass seine Schülerinnen schulbankreihenweise in ihn verliebt sind und sich alles Mögliche und Unmögliche einfallen lassen, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Er nimmt’s gelassen, seine Freundin auch. Womit wir bei der jungen Frau sind, der eigentlichen Hauptfigur: Sie ist reichlich überspannt, reichlich kompliziert, hat herrlich schwarzen Humor. Und ein riesengroßes Herz, weshalb sie der „Kummerkasten“ in der Lokalzeitung wird und auf Anfragen entspannt reagiert. Weniger entspannt reagiert die junge Frau, wenn sie im Auto hinter dem Steuer sitzt. Sie versucht das ganze Buch lang, den Führerschein zu machen. Hier wird die Story etwas klischeehaft. Doch weil die junge Frau ansonsten so gut wie alle Konventionen bricht, wollen wir ein Auge zudrücken.


Mäh, machen wir freundlich.
Mein Sohn runzelt die Stirn.


Womit wir beim Kind sind: Babyboy drückt kein Auge zu. Denn Babyboy hat seinen eigenen Kopf und ist sehr konsequent. Einmal „Muh“ gelernt, will er von anderen Wörtern nichts wissen. Papa, der junge Mann, meint, er sollte bald im Alphabet weiterkommen. Babyboy runzelt nur die Brauen. Mama, die junge Frau, kann ihr Leben – eine Symphonie aus Kuhlauten – nicht mehr ertragen. Also kauft Papa ein Buch über Vokaltraining. Gemeinsam versuchen sie ihr Kind von Hund-, Katze-, Maus-, Frosch-, Eule-, Löwe- und Bär-Lauten zu überzeugen. Und von Mäh. Doch Babyboy bleibt dabei: Muh!

Allein die Muh-Mäh-Szenen machen dieses Buch zu einem „Must read“. Es passiert mir selten, dass ich beim Lesen laut auflache. Hier habe ich es öfters getan. Intelligent und entspannt ist das Buch außerdem. Fazit: Eine höchst seltene und höchst empfehlenswerte Kombi!

Im Kanon Verlag um € 23,70

Meter pro Sekunde
2 Cover und 3 amüsante Charaktere: Mama, Papa, Kind machen Westland unsicher. Viel schwarzer Humor garantiert vergnügliche Lesestunden.