Lesestoff

Jane Gardam. Bell und Harry

Ein Sommer wie damals: Eine Familie aus London will ihrem anstrengenden Alltag entfliehen und pachtet ein Farmhaus in Yorkshire – ein vor Leichtigkeit geradezu leuchtendes Buch mit dem Duft nach hellen Sommertagen am Land.

Die Batemans suchen Ruhe auf dem Land und pachten ein altes Haus, das zur Farm der Teesdales gehört – am Ende des Dorfes, links oben auf einem Hügel und nur umgeben von Feldern, Schafen und dem Moor. Bald trifft Harry, der jüngste Sohn der Batemans, auf Bell Teesdale, den Sohn der Farmerfamilie, die das Land ringsum bestellt. Als unzertrennliches Gespann halten sie mit ihren Abenteuern anfangs nur ihre Familien, dann das ganze Dorf auf Trab. Sommer für Sommer – auch noch, als Bell und Harry längst erwachsen sind.

Es beginnt mit Kendal, dem Schornsteinfeger, der nicht nur Forellen vor Lungenentzündung bewahren kann, sondern auch wunderbare Gespenstergeschichten über das alte Farmhaus zu erzählen weiß: die von der toten Hand zum Beispiel, die von selbst Kerzen halten konnte und als Hand des Lichts ganze Räuberbanden herbeigerufen haben soll. Dann folgt das Abenteuer im Hohlen Land, in das Bell seinen Freund aus der Stadt führt und das schlecht ausgegangen wäre – wenn nicht Bells Grandpa so lange Disteln gemäht und dabei Harrys Bruder überredet hätte, es mit dem Sensen zu probieren – was ebenfalls beinahe schlecht ausgegangen wäre.


„Wenn man genügend Wissen hat,
kann man manches vorhersehen.“


Dann begegnet Harry an einem heißen Sommernachmittag der Eierhexe und schließlich taucht auch noch eine Journalistin aus London auf, die mit Harrys Vater, der ebenfalls Journalist ist, über eine neue Story sprechen möchte. Sie ist eine Institution und wie eine Institution benimmt sie sich auch. Vielleicht ist das der Grund, warum ihre Tochter ständig schlechte Laune hat und das Auto gar nicht verlassen will?


„Mal sehen, was der Tag morgen bringt.
Manchmal bringt er ja was.“


Noch griesgrämiger als sie ist nur Jimmie Meccer, der nicht mehr gehen kann und deshalb den ganzen Tag im Eingang seiner Scheune sitzt und das Dorf bewacht. Doch dann lässt er sich an der Hüfte operieren und wandert nach Brasilien aus, wo er einen Verwandten der Teesdales trifft: Henry III. hat seit seiner Geburt nie etwas anderes getan, als es zu etwas zu bringen und so weiß er schnell, was er mit dem Farmhaus, als dessen rechtmäßiger Erbe er sich sieht, anstellen könnte. Bell – mittlerweile erwachsen – weiß nicht so recht, wie er diese Pläne seinem Freund Harry mitteilen soll, denn dieser verbringt dort nach wie vor den Sommer. Doch dann kommt die totale Sonnenfinsternis und Grandpa Teesdales räumt so richtig auf…

Eines der schönsten Ferienbücher der letzten Jahre, in dem nicht viel passiert, weil sich der Sommer breit macht: Die Stimmung ist ruhig, das Heu duftet, die Luft flirrt und die Flüsse trocknen aus und schwellen wieder an. Die Hitze macht die Menschen träge und trotzdem geschieht etwas mit ihnen – bei manchen verändert sich sogar das Leben. Warmherzige Begegnungen, sympathisch gezeichnete und fein ausdifferenzierte Figuren und der Humor der wunderbaren Jane Gardam machen es möglich!

Im Hanser Berlin Verlag um 20,60 Euro
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Jane Gardam. Bell und Harry
Ein vor Leichtigkeit geradezu leuchtendes Buch in einem Sommer wie damals